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.Darum war und blieb der Leopold jetzt für sie im Unrecht, und die Lene hatte den Weg eingeschlagen, den ein junges schönes Weib geht, wenn sie ihr Mann schlecht behandelt.Die junge schöne Frau hatte auch wirklich schnell Freunde gefunden, die ihr bald ihr Recht begreiflich machten.Da war zuerst die Schwester des »Herrn«, des großen »Handschuhmachers«, wie sie den Fabrikanten bezeichneten, für den die Hälfte der Leute in der Blauen Gans arbeitete.Die zierliche kleine Frau, eine unternehmende Französin, hatte sich von ihrem Bruder getrennt und auf eigene Faust einen »Salon für Damenbekleidung« eröffnet; das wollte sagen, daß sie von den ungewöhnlichsten Hütchen angefangen bis zu den geschmackvollsten Stiefeletten herab alles feil hatte, was zu dem Putz einer eleganten Frau gehört.Sie hatte diese neue und vornehme Idee von ihrer Vaterstadt, von Paris, hergebracht und sie klug zu verwerten begonnen.Alle älteren Geschäftsleute sperrten Maul und Augen auf, denn mit einigen wandhohen Spiegeln, Samtsofas und einer Menge künstlicher Blumen, kurz, mit allerhand solchem Firlefanz, an den ein aufrechter Kaufmann gar nicht denkt, schnappte sie ihnen doch die allerschönsten Kunden vor der Nase weg.In dem Salon der »Madame Margot« gab es auch keine bedienenden jungen Herren, die regelrecht frisiert in den elegantesten Modezeitungstellungen herumlehnten oder mit krebsroten, aber zierlich gebogenen Fingern die Stoffe in genial hingehauchte Wogen zu bauschen wissen.Einfache, schwarzgekleidete Frauen sprachen sachkundig mit der Modedamenwelt, sie prüften Gesichtszüge, Haarfarbe und Gestalt genau, unterzogen die Abstufungen der Farben einem ernsten Studium und wählten dann erst Form und Stoffe.Diesen sorgfältig zu Werke gehenden Frauen waren zwei schöne junge Mädchen beigegeben, eine üppige Brünette und eine schlanke Blondine; die beiden mußten die gewählten Gegenstände versuchsweise in Gebrauch nehmen und in diesem meist kostbaren Putz auf und nieder gehen, sitzen, sich drehen und wenden, so daß die Käuferinnen die Wirkung an einer lebendigen Gestalt erproben konnten.Seit fünf Wochen war anstelle der allzu schlanken Blondine ein Rotkopf getreten, der die Damen durch seine Schönheit entzückte, es war die Lene, die »Mademoiselle Madeleine« hieß.Als sie ihrem Manne davonlief, ging sie geradenwegs zu Madame Margot und erzählte ihr den ganzen Jammer.Die kleine Frau hörte aus der Geschichte mehr und anderes, als darin lag, dafür aber sah sie die schöne Gestalt des jungen Weibes ganz genau.Madame Margot war seit Jahren von ihrem Gatten getrennt, und das traurige Ereignis, das sie da hörte, war nach ihrer Auffassung nur ein neuer Beweis für die Niederträchtigkeit »von die Mann«.Es gab demnach mehr als einen Grund, daß sie diesen empörenden Fall in die winzigen Hände nahm, nachdem er von ihr zurechtgelegt war, einem geschickten Advokaten übergab und das mißhandelte schöne Weib frischweg in ihr Geschäft nahm.Ehe die Lene sich noch ganz mit sich zurechtgefunden hatte, waren schon ein Bündel Federn zerschrieben an einer langen Anklageschrift.Darin stand, daß der Leopold ein Wüstling sei, ein Säufer, daß er sein Weib fast erschlagen und daß die Lene einen solchen Widerwillen gegen ihn habe, daß sie in ehelicher Gemeinschaft nicht mehr mit ihm weiterleben könne.Der Leopold lag aber schon drei Wochen todkrank da, als ihm die Schrift in sein Haus flog, er konnte sie nur mühsam lesen und verstand sie kaum, er wußte auch nicht viel zu erwidern, als acht Tage darauf der Advokat kam und ihm das alles mündlich sagte.Der Mann mußte zugeben, daß er sein entlaufenes Weib geschlagen habe, daß sie ihm treu gewesen, daß sie nichts verschwendet und seine Wirtschaft in gutem Stand erhalten.»Gegen die Abneigung Ihrer geschätzten Frau gibt es kein Mittel, Zwang würde nichts nützen«, meinte der Advokat, »und, verzeihen Sie, lieber Mann, Sie dürfen sich bei alldem, was Sie getan haben, gar nicht wundern, wenn sich eine schöne ehrbare Frau von Ihnen lossagt«, schloß der Geschickte mit einem Hinblinzeln über die hilflose, krüppelhafte Gestalt des Kranken und mit einer würdevollen Handbewegung, die sich wie eine Verurteilung ansah.Der Leopold glotzte den Advokaten an, er wunderte sich gar nicht über das Gebaren seiner Frau, er besann sich nur, daß alles, was ihm dieser abgeschliffene und gemessene Herr da sagte, schon in der langen Schrift zu lesen war, und dann – ja – das gute Gedächtnis seiner Lene brachte ihn ein wenig aus dem Geleise; jede Kleinigkeit, die vorgekommen war, während sie noch im Frieden miteinander gelebt hatten, wußte sie und hatte sie den fremden Leuten erzählt, nur um ihn zu verkleinern.Wie lange muß sie da in einem Atem geredet haben, und immer nur Böses von mir, dachte er, und da wußte er auch mit einem Male, daß sie ihm niemals auch nur gut gewesen sei und daß ihr kein Fünklein von der Liebe, die er allzeit für sie gefühlt hatte, im Sinn geblieben war.Der Advokat stand geräuschlos auf und frug noch einmal:»Ist nicht alles so? Hat Ihre geschätzte Frau eine Unwahrheit gesagt?«»Ach Gott! Nein.Es ist so.meine geschätzte Frau hat nicht gelogen.Ja, ja, ja!«Seine Wangen glühten vor Fieberhitze und Scham, weil er sein Unglück so ruhig anhören mußte, als ob ihm einer die Geschichte zweier anderer ihm fernstehender Menschen erzählen würde, aber rechtfertigen wollte er sich vor dem eiskalten Manne da nicht.Er verschwieg, wie tief ihn die Lene gekränkt und beschimpft hatte, und jede Leichtfertigkeit, der sie ihn beschuldigte, empfand er weniger beschämend als die Mißachtung, die Abneigung, die sie für den Krüppel hatte.Als aber der Advokat noch an der Türe umkehrte und sich wieder an das Krankenbett setzte und über die Scheidungsfrage deutlich zu unterhandeln anfing, da wurde der Leopold wild, denn ganz im Hintergrunde aller seiner Gedanken stand doch die Hoffnung, daß sie bald wieder heimkehren werde; jetzt aber wurde der Gedanke durch untilgbare Furcht verdrängt, sie könne einem anderen angehören, wenn er sich für immer von ihr lossagte.Er biß die Zähne übereinander und konnte das Bild nicht loswerden
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